Karl's Kolumne - Bonuspunkte für Schlechtwettersportler

[ Jeden Dienstag neu.]

Ausdauersport richtig verstanden ist etwas Wunderbares
(frei nach Loriot)

Die Kolumne von Karl Ettinger

von links: Franzi, Werner, Karl

Bonuspunkte für Schlechtwettersportler


Sonntag Nachmittag im Oktober bei schönem Wetter: Die Wege an den Seeen in den Städten sind verstopft von Wanderern, Spaziergängern, Walkern und Joggern. Schönwettersportler so weit das Auge reicht. Auch der allerletzte Zögerer hat jetzt keinen Vorwand mehr, vor dem Fernseher zu verharren.

Aus 1km Höhe muss dieses Treiben aussehen wie die Hauptstrasse vor einem Bau von Blattschneideameisen.

Und mitten drin: ich.

Immer wieder muss ich hinter Spaziergängergruppen abbremsen und fast stehen bleiben. Die Überholmanöver führen durch den Matsch der weniger gut ausgebauten Seitenstreifen der Spazierwege. Im Anschluss schleppe ich an jedem Schuh ein Gewicht aus hartnäckig klebendes Gemisch aus Matsch und Kiesel mit mir.

Es sollte ein Bonussystem für Schlechtwettersportler eingeführt werden. Wenn der Wind pfeifft, der Regen peitscht, die Kälte schneidet und Schnee im Gesicht klebt, werden Punkte vergeben. Je widriger das Wetter, desto höher die Punkteausschüttung.

Die Punkteverteilung könnte durch Ein-Euro-Jobber erfolgen. Der Verteiler sässe in seinem Häuschen am Baggersee mit einem Schlagbaum vor der Tür. Kommt ein Schlechtwettersportler vorbei, erhält er in seinen Schlechtwettersportlerpass Schlechtwettersportpunkte eingetragern. Wie die Rabattmarken, die Tankstellen vergeben, in der Hoffnung, dass der Kunde in Zukunft nur noch bei einer Tankstelle dieser Farbe tanke.

Bei ausreichender Punktezahl erhält der Sportsfreund seine Urkunde, die er wie einen Backstageausweis stolz umhängen darf.

Jeder reine Schönwettersportler muss dem derart Ausgezeichneten dann Platz machen und zusammen mit den anderen reinen Schönwettersportlern eine ausreichend breite Gasse bilden. Er muss ihm huldigen, die Teflon-Sportjacke vor ihm ausbreiten und andere Zeichen der Anerkennung der Schlechtwettersportleistung erbringen.

Aber statt dessen laufe ich weiter Slalom durch den Parkour aus Schönwetterausflüglern und niemand erkennt, dass ich der bin, der auch bei den widrigsten klimatischen Bedingungen für Leben auf den Wegen der städtischen Parks und Badeseen sorgt.